Restwertveräußerung und Wirtschaftlichkeitsgebot, Geschädigter nicht gleich Geschädigter ?

Macht der Geschädigte im Rahmen seiner Ersetzungsbefugnis nach § 249 Abs. 2 BGB Gebrauch und macht seinen Schaden nicht im Rahmen der Reparaturausführung geltend, sondern durch Ersatzbeschaffungsvornahme, so genügt er grundsätzlich dem ihm obliegenden Wirtschaftlichkeitsgebot, wenn er sein verunfalltes Fahrzeug zu dem Preis veräußert, den der von ihm beauftragte Sachverständige in seinem Gutachten, welches eine korrekte Wertermittlung erkennen lässt, als Wert auf dem allgemeinen örtlichen, regionalen Markt ermittelt hat.

Der Bundesgerichtshof hatte sich mit seiner Entscheidung vom 25.06.2019, VI ZR 358/18 mit der Frage auseinanderzusetzen, ob diese Prämisse grundsätzlich gilt oder entsprechende Einschränkungen in der Person des Geschädigten vorzunehmen sind. Im entschiedenen Fall handelte es sich bei der Geschädigten um ein Unternehmen, deren Geschäft auch im An- und Verkauf von Gebrauchtfahrzeugen lag. Das geschädigte Unternehmen  beauftragte einen Sachverständigen mit der Erstellung eines Gutachtens, wobei der Sachverständige  Restwertangebote  örtlicher, regionaler Anbieter einholte. Das geschädigte Unternehmen veräußerte sodann das Fahrzeug zum Restwertangebot zum Sachverständigengutachten auf dem örtlichen, regionalen Markt. Die beklagte Haftpflichtversicherung legte dem geschädigten Unternehmen sodann ein um einen Betrag von 7.530, Euro höheres Restwertangebot vor und rechnete den Schaden auf dessen Grundlage ab. Das geschädigten Unternehmen verwies nach Erhalt des höheren Restwertangebotes der Haftpflichtversicherung auf die am Vortrag des Erhalts der Restwertgebotes der beklagten Haftpflichtversicherung erfolgte Veräußerung zum Privatgutachten des beauftragten Sachverständigen hin und klagte die Differenz zum Restwert nach Ablehnung der beklagten Haftpflichtversicherung ein.

Der Bundesgerichtshof hat die Klage des geschädigten Unternehmen in höchster Instanz abgewiesen und u.a. ausgeführt, dass wenn sich ein Geschädigter als Autohaus auch mit dem An- und Verkauf von Gebrauchtfahrzeugen befasst, dieser sich eine Inanspruchnahme des überregionalen Marktes im Internet entgegenhalten und die Inanspruchnahme solcher Kaufangebote  zumuten lassen muss.

Die Entscheidung ist interessant im Hinblick auf die auch mit dem An- und Verkauf von Gebrauchtfahrzeugen befassten Unternehmen wie Werkstätten und Autohäuser, aber auch wohl für Sachverständige im Rahmen der Gutachtenerstellung und Restwertermittlung für Auftraggeber, welche im Bereich An- und Verkauf von Gebrauchtfahrzeugen tätig sind und das Fahrzeug in einem Verkehrsunfall verwickelt war.  Vor dem Hintergrund der BGH Entscheidung wird der Sachverständige in dieser Konstellation zu prüfen haben, ob hier nicht bereits im Rahmen der Erstellung des Sachverständigengutachtens auch überörtliche Restwertangebote einzuholen sind.

Die Automotive Advocate Rechtsanwalt GmbH unterstützt Werkstätten und Autohäuser bei rechtlichen Problemen, als auch durch gezielte Schulungsmaßnahmen der Mitarbeiter zur Vermeidung von rechtlichen Problemen im Vorfeld sowie Sachverständige im Rahmen der Erstellung von Kraftfahrzeughaftpflichtgutachten und hieraus resultierender rechtlicher Probleme.

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